Reizdarm Behandlung
Beschwerden lassen sich lindern
Weil die Ursachen noch im Dunkeln liegen, können Ärzte einen Reizdarm nicht heilen. Allerdings lassen sich mit Medikamenten die meisten Symptome des Reizdarms gut bekämpfen. Das ist wichtig, wenn die Beschwerden die Lebensqualität massiv beeinträchtigen. Doch eine dauerhafte Einnahme von Medikamenten ist wegen möglicher Nebenwirkungen in der Regel nicht sinnvoll.
Für die jeweiligen Beschwerden gibt es spezifische Arzneimittel. In vielen Fällen kommen auch pflanzliche Präparate zum Einsatz. Für einige, zum Beispiel Pfefferminze oder Artischocke, ist die Wirkung mit klinischen Studien gut belegt. Bei anderen liegen langjährige positive Erfahrungen, aber wenige Studien vor. Probiotika zeigten sich in einigen Studien hilfreich, allerdings ist offen, welche Bakterienstämme helfen und wie viel davon man einnehmen müsste.
Völlegefühl: Liegt das Essen wie Blei im Bauch, können die Wirkstoffe Metoclopramid und Domperidon die Verdauung wieder in Schwung bringen. Zubereitungen aus Artischockenblättern fördern die Fettverdauung und unterstützen Leber und Galle. Auch zahlreiche andere Pflanzen mit Bitterstoffen wirken verdauungsanregend, darunter Wermut, Enzianwurzel oder Bittere Schleifenblume.
Krampfartige Schmerzen: Zum Einsatz kommen krampflösende Wirkstoffe (Spasmolytika) wie Mebeverin, aber auch Kapseln mit Pfefferminz-und Kümmelöl, Melisseextrakt oder Tropfen mit Mohnpflanzenpresssaft.
Blähungen: Gasbindende Arzneistoffe wie Dimeticon oder Simethicon werden ebenso eingesetzt wie pflanzliche Mittel mit Fenchel, Kümmel, Kamille oder Melisse.
Durchfall: Gängiges Mittel ist der opiumähnliche Wirkstoff Loperamid. Weil der Stoff die Darmmuskulatur lahmt, sollte er nur kurzzeitig eingesetzt werden.
Verstopfung: Quellstoffe, zum Beispiel Flohsamen und Pektin, binden Wasser und machen den Stuhl geschmeidig. Für viele Betroffene sind sie besser verträglich als Ballaststoffe wie Kleie, da sie kaum blähen. Wirkstoffe wie Laktulose und Mineralmischungen wie Isomol bringen die Darmwand dazu, verstärkt Wasser abzugeben, und machen so den Stuhl flüssiger. Bisacodyl, Natriumpicosulfat, aber auch Sennesblätter reizen die Darmwand und spornen sie so zu Bewegungen an. Diese Mittel haben aber einen Gewöhnungseffekt und dürfen nur kurzzeitig angewandt werden.
Alternative Reizdarm Therapien
Wer von der Schulmedizin keine Heilung erwartet, wendet sich oft alternativen Heilmethoden zu. Wunder darf man auch hier nicht erwarten, und die bei Naturheilkundlern häufige Diagnose Darmpilz ist umstritten. Andererseits kann ein Versuch selten schaden und die Kosten (vorher erfragen) halten sich meist im Rahmen.
Akupunktur: Es gibt zahlreiche Akupunkturpunkte, deren Nadelung bei Verdauungsstörungen Energieblockaden lösen soll. Eine positive Wirkung auf den Reizdarm ist in mehreren kleineren Studien belegt. Die Fachgesellschaften für Akupunktur empfehlen vor einer Behandlung eine Zungendiagnose, wie sie in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) üblich ist. Zu einer Therapie gehören auch individuelle Ernährungsempfehlungen nach den Regeln der TCM.
Homöopathie: Gegen die Beschwerden des Reizdarms werden verschiedene, symptomspezifische Substanzen wie Nux Vomica in niedrigen Potenzen (D4 bis D12) eingesetzt, daneben auch Komplexmittel mit mehreren Wirkstoffen wie Spascupreel bei krampfartigen Schmerzen. Darüber hinaus versucht der Homöopath nach einer ausführlichen Erhebung der Krankheitsgeschichte ein individuelles Mittel zu finden, das die Krankheit insgesamt positiv beeinflusst.
Heilerde: Die fein gemahlenen Tonmineralien sollen überschüssige Magensäure binden können, weshalb Heilerde traditionell bei Sodbrennen und saurem Magen eingesetzt wird. Zugleich soll die aufquellende Tonerde den Stuhl verdicken und so Durchfall entgegenwirken. Eine Anwendungsstudie der Berliner Charite zeigte bei Reizmagen- und Reizdarmpatienten nach sechswöchiger Heilerdeeinnahme eine deutliche Verbesserung der Beschwerden. Die Wirkung wurde aber bisher in keiner kontrollierten klinischen Studie belegt.
Körperarbeit: Körpertherapeutische Methoden wie Feidenkrais oder Tai-Chi können den Betroffenen helfen, die Wahrnehmung des eigenen Körpers zu verbessern. Gleichzeitig lassen sich damit und mit sanften Massagetechniken wie Osteopathie Verspannungen und Verhärtungen im Bauchbereich auflösen. Die können unbewusst entstehen, aus Angst vor den nächsten Krämpfen oder einer Durchfallattacke.
Hilfe zur Selbsthilfe
Entscheidend bei der Behandlung von Reizdarm und Reizmagen sind jedoch nicht die Medikamente und Therapien, sondern die Patienten. Die Betroffenen können am effektivsten dazu beitragen, die Beschwerden zu lindern und manchmal sogar ganz verschwinden zu lassen. Der Weg dazu führt über zwei wichtige Faktoren, die die Beschwerden deutlich verstärken können: falsche Ernährung und Stress.
Ernährung: Eine ausgewogene und auf die Beschwerden abgestimmte Ernährung erleichtert Magen und Darm die Arbeit. Wer zu Blähungen neigt, meidet Kohl, Linsen und Bohnen und würzt viel mit Kümmel oder Anis. Doch ansonsten gibt es wenige feste Regeln. Die Betroffenen müssen selbst herausfinden, was ihnen guttut und was nicht. Das Problem dabei: Es hängt auch von der Tagesform ab, ob man bestimmte Speisen verträgt.
Stressabbau: Reizdarm Beschwerden explodieren bei Stress. Im Alltag lassen sich stressige Situationen oft nicht vermeiden. Doch den Umgang damit kann man lernen. Zu den wichtigsten Entspannungsübungen gehören autogenes Training, Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga, Qigong und Meditation. Kurse bieten Krankenkassen, Volkshochschulen und viele andere Träger an.
Psychotherapie: Gelegentlich verstecken sich hinter Darmbeschwerden auch schwerwiegende psychische Probleme. Auch können die schwierigen Lebensumstände bei Reizdarm zu Phobien oder Depressionen führen. In solchen Fällen können eine Verhaltens- oder Psychotherapie sowie Antidepressiva hilfreich sein. Auch Hypnose hat sich in einigen kleinen Studien als hilfreich gezeigt.
Nebenwirkungen, die Bauchweh machen
Zahlreiche Arzneimittelwirkstoffe können sich bei häufiger Einnahme negativ auf Magen oder Darm auswirken und die Verdauung beeinträchtigen. Der Beipackzettel gibt Auskunft. Zwei Arzneimittelgruppen sind besonders problematisch:
-
Aspirin & Co: Zahlreiche Schmerzmittel können die Schleimhäute von Magen und Darm angreifen und bei dauerndem Gebrauch Entzündungen, Magen- und Darmblutungen oder sogar Geschwüre verursachen. Sie gehören zur Klasse der so genannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Sie sollten nicht auf nüchternen Magen und nie längere Zeit ohne ärztlichen Rat genommen werden. Bekanntester Vertreter ist die Acetylsalicylsäure (ASS), zum Beispiel in Aspirin. Auch Ibuprofen oder Diclofenac gehören zu den NSAR, sind allerdings nicht so aggressiv gegenüber dem Verdauungstrakt wie ASS. Um die Nebenwirkungen abzuschwächen, verschreiben Ärzte bei längerer Einnahme zusätzlich zu NSAR häufig Präparate, welche die Schleimhäute schützen.
-
Antibiotika: Die antibakteriellen Wirkstoffe sollen krankmachende Keime im Körper abtöten. Sie werden fast immer als Tabletten oder Saft verabreicht, gelangen also zuerst in den Darm. Dort schädigen sie, je nach Bandbreite des Wirkstoffes, auch die nützliche Bakterienflora. Das gestörte Gleichgewicht können unerwünschte Keime oder Mikroorganismen nutzen, um sich im Darm breitzumachen. Die Folge sind Verdauungsprobleme, vor allem Durchfall. Mit der Darmflora wird auch das Immunsystem des Darms geschwächt, das erhöht die Anfälligkeit gegenüber Infekten. Deshalb sollte man nie leichtfertig Antibiotika einnehmen. Bei Viruserkrankungen wie Grippe oder Schnupfen helfen sie beispielsweise nicht, auch wenn der Arzt sie verschreibt. Mittel mit nützlichen Darmkeimen in getrockneter Form können bei notwendiger Antibiotikatherapie die Schädigung der Darmflora schnell ausgleichen. Auch probiotische Lebensmittel haben in mehreren Studien Antibiotika-Durchfälle verringert. Bei Joghurt alleine sind die wenigen Studien widersprüchlich.